Heidenmauer

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Die Heidenmauer und ihre geschichtlichen Hintergründe

Die Heidenmauer, die sich auf dem Odilienberg im Elsass erstreckt, ist nicht nur archäologisch und bautechnisch faszinierend, sondern auch in ihrer historischen Bedeutung ein Rätsel. Ihre genaue Entstehungszeit und der Grund ihres Baus sind bis heute nicht zweifelsfrei geklärt, jedoch wird sie in die keltische oder gallo-römische Zeit datiert, also etwa ins 1. Jahrtausend v. Chr. bis ins 4. Jahrhundert n. Chr.. Diese Epoche war geprägt von den Übergängen zwischen der keltischen Kultur, der Eroberung durch die Römer und den frühchristlichen Entwicklungen in Europa.

Im Folgenden beleuchten wir die wichtigsten historischen Kontexte, in denen der Bau der Heidenmauer möglicherweise stattgefunden haben könnte, und beleuchten die Legende der heiligen Odilia, die eng mit dem Odilienberg verbunden ist.

Keltische und gallo-römische Zeit (ca. 500 v. Chr. bis 400 n. Chr.)

Die Heidenmauer wird häufig mit der keltischen oder gallo-römischen Kultur in Verbindung gebracht. Die Kelten waren das dominierende Volk in weiten Teilen Europas, auch in der Region des heutigen Elsass.

Die Kelten

Die Kelten, insbesondere der Stamm der Sequaner und der Rauriker, lebten im Elsass und in den Vogesen. Sie waren bekannt für ihre Festungsanlagen, die sogenannten Oppida, die auf erhöhten Plätzen errichtet wurden. Diese befestigten Siedlungen dienten nicht nur der Verteidigung, sondern hatten auch religiöse und zeremonielle Funktionen.

Es wird vermutet, dass die Heidenmauer eine keltische Ursprungsstruktur sein könnte, möglicherweise als Umfassungsmauer eines wichtigen keltischen Heiligtums oder einer befestigten Siedlung auf dem Odilienberg.

Die Römer

Im 1. Jahrhundert v. Chr. eroberten die Römer unter Julius Caesar das Gebiet des Elsass, das Teil der römischen Provinz Gallia Belgica wurde. Die gallo-römische Kultur blühte in den folgenden Jahrhunderten auf, und es entstanden zahlreiche Städte und Dörfer mit römischen Einflüssen.

Die Heidenmauer könnte in dieser Zeit als Verteidigungsanlage ausgebaut oder genutzt worden sein, um die Bevölkerung vor germanischen Invasionen oder anderen Bedrohungen zu schützen. Die Römer waren bekannt für ihre Fähigkeit, bestehende Strukturen zu übernehmen und weiterzuentwickeln, weshalb es denkbar ist, dass die Mauer in dieser Zeit eine strategische Bedeutung erlangte.

Der Untergang des Römischen Reiches

Im 4. und 5. Jahrhundert n. Chr. begann der langsame Zerfall des Römischen Reiches. Die Region wurde zunehmend von germanischen Stämmen wie den Alemannen und später den Franken bedrängt. Diese Völkerwanderungen führten zu einem stetigen Machtverlust der Römer in Gallien.

Möglicherweise wurde die Heidenmauer in dieser Zeit als Verteidigungsanlage gegen germanische Eindringlinge genutzt, bevor sie später verfallen oder aufgegeben wurde.

Das frühe Mittelalter und die heilige Odilia (ca. 7. bis 8. Jahrhundert)

Der Odilienberg ist besonders eng mit der Heiligen Odilia (französisch: Sainte Odile) verbunden, der Schutzpatronin des Elsass. Ihre Geschichte spielt sich im 7. Jahrhundert ab und prägt bis heute die religiöse Bedeutung des Berges.

Odilia und ihre Eltern
  • Odilia von Hohenburg wurde um 660 n. Chr. geboren und war die Tochter von Herzog Eticho (auch Adalrich genannt), einem der mächtigsten fränkischen Adligen im Elsass. Eticho war ein Vasall der Merowinger und herrschte über das Herzogtum Elsass, das Teil des Frankenreiches war.
  • Der Legende nach wurde Odilia blind geboren, und ihr Vater wollte sie deshalb töten lassen, da er sie als Zeichen der Schande betrachtete. Ihre Mutter, Bereswinde, ließ sie jedoch heimlich in ein Kloster bringen, wo sie von Nonnen aufgezogen wurde.
Die Bekehrung und Heilung
  • Im Alter von etwa 12 Jahren wurde Odilia von Bischof Erhard von Regensburg getauft, und der Legende nach erlangte sie durch ein Wunder ihr Augenlicht zurück. Diese Heilung machte sie weithin berühmt.
  • Nach ihrer Rückkehr in den Elsass und der Versöhnung mit ihrem Vater erhielt sie von ihm die Burg Hohenburg (heute Odilienberg) als Geschenk. Dort gründete sie ein Kloster und widmete sich der Pflege und Bekehrung der Armen und Kranken.
Odilias Einfluss und das Kloster
  • Das Kloster auf dem Odilienberg wurde ein bedeutendes religiöses Zentrum im Elsass. Es wird angenommen, dass die Heidenmauer zu dieser Zeit möglicherweise bereits bestanden haben könnte, aber Odilia oder ihre Nachfolger könnten die Mauer instand gehalten oder erweitert haben, um das Kloster zu schützen.
  • Die Heilige Odilia starb um das Jahr 720 n. Chr. und wurde auf dem Odilienberg begraben. Sie wurde schnell als Schutzpatronin des Elsass verehrt, und der Berg blieb ein bedeutender Wallfahrtsort.
Die Franken und das frühe Mittelalter
Die Merowinger und Karolinger
  • Das Elsass war zu Odilias Zeit Teil des Frankenreichs, das von den Merowingern regiert wurde. Zu den wichtigsten Herrschern dieser Zeit gehörte Chlodwig I., der das Frankenreich im frühen 6. Jahrhundert gründete, und später Dagobert I., der zur Zeit von Odilias Geburt regierte.
  • Im 8. Jahrhundert übernahmen die Karolinger die Macht im Frankenreich, wobei Karl Martell und später sein Enkel Karl der Große eine entscheidende Rolle spielten. Während Karl der Große das Frankenreich zu einem Großreich ausbaute, entwickelte sich das Elsass zu einem zentralen Teil dieses Reiches.
Kriege und Machtkämpfe
  • In der Zeit von Odilias Leben war das Frankenreich durch interne Machtkämpfe geprägt. Verschiedene fränkische Fürstenhäuser kämpften um die Vorherrschaft, und es gab immer wieder Konflikte mit den umliegenden germanischen Stämmen wie den Alemannen und den Sachsen.
  • Diese kriegerischen Auseinandersetzungen könnten ein Grund dafür gewesen sein, dass die Heidenmauer als Verteidigungsanlage genutzt wurde. Es ist auch möglich, dass Herzog Eticho oder seine Nachfolger die Mauer zur Sicherung ihrer Herrschaftsgebiete weiter ausbauen ließen.
Mögliche Auftraggeber der Heidenmauer

Aufgrund der fehlenden schriftlichen Quellen bleibt die Frage, wer die Heidenmauer in Auftrag gegeben haben könnte, bis heute offen. Es gibt jedoch mehrere Hypothesen:

Die Kelten
Die ursprüngliche Mauer könnte von den keltischen Stämmen, die im Elsass lebten, als Teil eines Oppidums errichtet worden sein. Keltische Festungen dieser Art dienten sowohl der Verteidigung als auch religiösen Zwecken.
Die Römer
Es ist ebenfalls möglich, dass die Römer die Mauer als Erweiterung oder Nutzung eines bestehenden keltischen Baus errichtet haben. In der Zeit der Bedrohung durch germanische Stämme könnte die Heidenmauer eine Rolle als Grenzverteidigung gespielt haben.
Herzog Eticho und die Merowinger
Herzog Eticho, der Vater der Heiligen Odilia, oder einer seiner Vorfahren könnte die Mauer zur Sicherung des strategisch wichtigen Odilienbergs und seiner Burg Hohenburg errichtet oder erweitert haben. Als bedeutender fränkischer Adliger und Vasall der Merowinger wäre Eticho in der Lage gewesen, ein solch großes Bauprojekt zu veranlassen.
Die Karolinger
Während der Herrschaft der Karolinger, insbesondere unter Karl dem Großen, wurden zahlreiche Festungen und Befestigungsanlagen errichtet oder ausgebaut. Es ist denkbar, dass die Heidenmauer in dieser Zeit verstärkt oder instand gesetzt wurde.

Fazit

Die Heidenmauer ist ein Bauwerk von enormer historischer Bedeutung, dessen genaue Ursprünge jedoch bis heute nicht vollständig geklärt sind. Sie könnte aus der keltischen Zeit stammen und später von Römern oder fränkischen Adligen wie Herzog Eticho genutzt worden sein. Die heilige Odilia und ihre Familie spielten im 7. Jahrhundert eine zentrale Rolle in der Region, und der Odilienberg blieb durch das von ihr gegründete Kloster ein bedeutendes religiöses Zentrum. Wer genau die Mauer in Auftrag gegeben hat, bleibt unklar, aber sie ist ein Zeugnis der bewegten Geschichte des Elsass, das von keltischen, römischen und fränkischen Einflüssen geprägt wurde.

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